
Starke Veränderungen im Kerngeschäft
Der Strukturwandel in zentralen Kundenbranchen hat auch Auswirkungen auf das TÜV-Geschäft. Wo die Chancen und Risiken liegen.
Die wichtigsten Geschäftsfelder der TÜV-Unternehmen verändern sich. Beispiel Mobility: Die Automobilbranche ist nicht nur durch die doppelte Transformation aus Digitalisierung und Elektrifizierung gefordert. Auch die Konjunktur macht ihr zu schaffen. 2024 wurden in Deutschland laut Kraftfahrtbundesamt 2,82 Mio. Pkw zugelassen – ein Minus von 0,7 Prozent gegenüber dem Vorjahr und deutlich unter dem Vor-Corona-Niveau 2019 mit 3,61 Mio. Neuzulassungen (minus 21,9 Prozent). Dies wirkt sich über kurz oder lang auch auf das TÜV-Prüfgeschäfts aus. Zudem erfordert die doppelte Transformation Investitionen von den TÜV-Unternehmen: „Mehr Digitalisierung auch im Verbrenner und mehr Elektromobilität verändern die Anforderungen daran, was, wann und wie wir prüfen“, sagt Thorsten Walinger, Geschäftsführer der TÜV NORD Mobilität GmbH & Co. KG. „Deshalb müssen die TÜV-Unternehmen Investitionen in Qualifizierungen für Beschäftigte und neue Technologien stemmen.“ Andere Mobilitätsdienstleistungen verändern sich ebenfalls: Dass der Gesetzgeber Cannabis am Lenkrad teils legalisiert hat, bedeutet für den TÜV weniger MPUs und leistet einen zweifelhaften Betrag zur Sicherheit auf den Straßen.
Im Geschäftsbereich Industry wiederum wird für den TÜV spürbar werden, dass Unternehmen ihre heimischen Investitionen zurückfahren. Die Ausrüstungsinvestitionen in Deutschland, zu denen etwa vom TÜV zu prüfende Maschinen und Fahrzeuge zählen, sind 2024 um 5,5 Prozent eingebrochen. Bauinvestitionen wie Aufzüge, ebenfalls ein TÜV-Geschäftsfeld, waren nach Angaben des Statistischen Bundesamts um 3,5 Prozent rückläufig. Für das laufende Jahr erwarten Verbände und Wirtschaftsforscher kaum Erholung.
Zugleich ziehen die oft niedrigeren Kosten, der bessere Zugang zu den Märkten sowie die Angst vor neuen Zollschranken die Industrie zunehmend ins Ausland: Dem „CFO Survey“ von Deloitte zufolge wollen in fünf Jahren nur noch 63 Prozent der Firmen schwerpunktmäßig in Deutschland investieren, statt derzeit 82 Prozent. „Auf die genannten Marktverschiebungen müssen die TÜV-Unternehmen rechtzeitig mit Strategie- und Investitionsentscheidungen reagieren“, sagt Thomas Walkenhorst, Geschäftsführer TÜV Technische Überwachung Hessen GmbH. „Als Arbeitgeber wollen wir als verlässlicher Sozialpartner wahrgenommen werden, der weiterhin neue attraktive Arbeitsplätze bietet.“
Geschäftschancen schwinden
Entwicklung Ausrüstungsinvestitionen 2024 zu Vorjahren, Angaben in Prozent
